Die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, kurz SDGs, gelten auch für Industrieländer wie Deutschland. Das ist unser Beitrag zu einer gerechten und nachhaltigen Welt.
„Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen“ ist das Ziel Nummer 6. Es beinhaltet den sicheren und stabilen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung für alle Menschen, wie ihn die Vereinten Nationen bereits 2010 als Menschenrecht anerkannt haben. Um das Wissen über Wasser stärker zu verbreiten und besser zu vermitteln, wurde zusätzlich die UN-Wasserdekade ausgerufen, die von 2018 bis 2028 läuft.
Erst durch den sicheren Zugang zu gutem Trinkwasser und Sanitärversorgung können viele SDGs überhaupt erreicht werden. Eine Bedingung für ein gesundes Leben ist Wasser. Integriertes Wassermanagement kann Konflikte entschärfen, zu Frieden führen und den Hunger bekämpfen.
Seit 2015 kaum Verbesserung
Wenn es eine funktionierende Wasserversorgung gibt, dann verbringen Millionen von Mädchen und Frauen nicht mehr mehrere Stunden pro Tag mit Wassertragen. Stattdessen können sie sich bilden und ihr Leben stärker selbst in die Hand nehmen. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO werden mit jedem investierten Dollar in Wasser und Sanitäranlagen die Gesundheitskosten um die vierfache Summe reduziert.
Das alles hilft, die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort zu verbessern und Armut zu reduzieren – und sollte weltweit in eine nachhaltige und resiliente Stadtplanung Eingang finden. Nur das Zusammendenken der verschiedenen Nachhaltigkeitsziele kann zum – gemeinsamen – Erfolg führen.
Seit die UN-Ziele vor zehn Jahren vereinbart wurden, hat sich der Zugang zu sauberem Wasser und sauberen Sanitäreinrichtungen weltweit nur leicht erhöht. Immer noch sind 2,2 Milliarden Menschen von einer sicheren Trinkwasserversorgung ausgeschlossen, von denen 700 Millionen Menschen nicht einmal sauberes Wasser in der Nähe haben.
Hinzu kommt, dass praktisch die halbe Menschheit keinen Zugang zu sauberen Toiletten oder Latrinen hat. Die schlechte Verfügbarkeit und die mangelnde Hygiene erhöhen das Risiko für ansteckende Krankheiten wie Cholera oder Typhus, während das Verrichten der Notdurft im Freien die Wasserressourcen zusätzlich verschmutzt.
In Europa bietet sich ein positiveres Bild. Die allermeisten Menschen in der EU (98,5 Prozent) haben Zugang zu sanitärer Grundversorgung mit fließendem Wasser und einer Toilette und sind größtenteils (81 Prozent) auch an das Abwassernetz angeschlossen. Allerdings gibt es in Europa ebenfalls Handlungsbedarf, auch in Deutschland. Einerseits bei der Verschmutzung des Wassers durch Nitrat, Phosphat, Mikroplastik oder Umweltgifte. Andererseits, weil in immer mehr Regionen das Wasser knapp und die Ressourcen übernutzt werden.
Wechselwirkungen der Krisen
Die globalen Vorhaben zur Verbesserung der Wasser-Situation werden erschwert durch starke Wechselwirkungen mit den drei weltweiten Umweltkrisen: Klimawandel, Artensterben und Umweltverschmutzung.
Wasserressourcen sind besonders stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Durch stärkere Klimaschwankungen gibt es häufiger extreme Wetterereignisse mit lang anhaltenden Dürren oder starken Überschwemmungen. Bei Hitze verdampft mehr Wasser, das verstärkt den Treibhauseffekt. Daneben führt die Übernutzung und Verschmutzung des Wassers für Tourismus, Landwirtschaft und Industrie zu Problemen.
Die Extremereignisse verstärken sich oft gegenseitig. Wenn zum Beispiel einer Dürre viel Regen folgt, sind die Böden so ausgetrocknet, dass der Starkregen nicht eindringen kann und größtenteils oberflächlich abfließt. Um Grundwasserreservoirs wieder aufzufüllen, wäre jedoch ein wochenlanger gleichmäßiger Landregen nötig. Die Menschheit hat nicht nur das Klima aus der Bahn geworfen, sondern auch den Wasserkreislauf.
Die Dringlichkeit der Probleme hat 2023 zur ersten Weltwasserkonferenz seit 50 Jahren geführt, auf der mehr als 700 freiwillige Verpflichtungen eingereicht wurden. Die Verpflichtungen sind sehr unterschiedlich in ihrer Breite und Tiefe. Deutschland hat seine kurz vorher verabschiedete Wasserstrategie als Beitrag gemeldet, mit der das Management der Wasserressourcen und der Gewässerschutz zukunftsfähig werden soll. Es bleibt abzuwarten, ob die Selbstverpflichtungen ausreichen, um den Zugang zu Wasser, wie im SDG Nummer 6 formuliert, tatsächlich massiv zu verbessern.
Leitungswasser genießen
Trotz der sehr guten Trinkwasserqualität in Deutschland genießen wir den vorhandenen Luxus von sauberem Trinkwasser aus der Leitung kaum und es fehlt an Wertschätzung für die funktionierende Wasserversorgung. Statt das Trinkwasser aus dem Hahn zu konsumieren, wird viel Aufwand betrieben, um Wasser in Verpackungen abzufüllen, weit zu transportieren und zu verkaufen. Dabei sollten wir das Trinken von Leitungswasser fördern und den Zugang zum Beispiel über Trinkbrunnen im öffentlichen Raum verbessern – so steht es etwa in der EU-Trinkwasserrichtlinie.
Das hätte auch viele positive Auswirkungen auf die anderen der 17 Ziele. Durch Leitungswasser wird im Vergleich zu gekauften Getränken viel Geld und CO₂ gespart, was gegen Armut und den Klimawandel hilft. Leitungswasser ist gesünder als viele zuckerhaltige oder alkoholische Getränke. Die Verfügbarkeit von Trinkwasser im öffentlichen Raum verbessert die Aufenthaltsqualität in Städten und ist ein Beitrag zur Vorbeugung von Hitzeschäden.
Leitungswasser ist ein regionales Produkt, immer saisonal, verpackungsfrei, günstig, emissionsarm und gesund. Nachhaltiger geht Konsum eigentlich nicht – der wahre Luxus.
Der Autor ist Gründer des Vereins „a tip: tap“, der sich für den Genuss von Leitungswasser einsetzt, um Plastikmüll, CO₂ und Geld zu sparen.

