In der hintersten Ecke der Marheineke-Markthalle in Berlin-Kreuzberg befindet sich die Tapas-Bar „Lola“. Ich bin am frühen Abend mit David Permantier verabredet.
Die Sonne scheint, einige runde Tische und Stühle stehen draußen. Mein erster Gedanke an diesem sonnigen Abend im Mai ist: Raussetzen. Doch David winkt ab, er kommt schon seit Jahren regelmäßig nach seiner Arbeit hierher: Die Bar sei einfach der beste Platz.
Roséwein
Es gibt täglich wechselnde Gerichte mit Gemüse, Fleisch oder Fisch. Die handgeschriebene Speisekarte empfiehlt: weißer Spargel und marinierte Rote Beete mit Thunfischcreme und Salat, Hähnchenbrust mit roter Mojo-Soße, mit Reis oder Gemüse-Stampf, Pulled Pork auf Schwarze-Bohnen-Püree mit karamellisierten Zwiebeln oder Kichererbsen mit Spinat und Calamari. Die Preise für ein Gericht liegen zwischen 9,90 und 12,50 Euro.
David und ich gehen nach vorn zur Vitrine, hier wird bestellt: Pimientos, Sardellen, Datteln im Speckmantel, Tapas mit Huhn- und mit Thunfisch-Füllung, dazu ein Brotkorb. David nimmt ein Glas Roséwein. Der Wein sei eine Empfehlung des Hauses. Er heißt Alma Atlántica, ein fruchtiger Rosé von Mencía-Trauben aus Galicien. Ein vielseitiger Wein, der gut zu hellem Fleisch, aber auch zu Lamm oder Eintöpfen passt.
Wie am Meer
Wir beginnen mit den warmen grünen Pimientos, sie haben eine Salzkruste. Die Paprikasorte aus Galicien ist nicht scharf und sehr aromatisch. Durch die Salzkruste erlebt man eine kleine Geschmacksexplosion im Mund. Die Sardellen sind in Olivenöl eingelegt und werden mit etwas Essig, frisch gehackter Petersilie und einem Hauch Knoblauch serviert. Spätestens jetzt bin ich in Gedanken am Meer.
David bemerkt mein Entzücken und grinst zufrieden. Weiter gehts mit Datteln im Speckmantel. Der Speck ist knusprig und weich, innen süß und fruchtig. Das Brot hat eine derbe Kruste und gute Textur. Bei jedem Gericht schmeckt man die guten Zutaten. Nichts ist hier kompliziert, es ist ausgewogen und geschmacklich einfach nur sensationell.
Lola vom Barteam kommt zu uns. Sie bringt uns ein kleines Schälchen Kichererbsenragout mit Spinat und Calamari zum Probieren. Woher sie hier ihre Zutaten bekommen, möchte ich von ihr wissen. Sie sagt, vieles wird direkt vom Gemüseladen der Marheineke-Halle bezogen. Das „Lola“ bietet immer auch Gerichte an, die etwas günstiger sind, und im Winter gibt es Suppe. Mauricio, mit schwarzer Baskenmütze und Anarcho-T-Shirt „cocina para punkis“, ist Chefkoch und hat die Tapas-Bar 2011 eröffnet. Vorher gab es an der Stelle einen Kebabladen.
Für den Kiez
David und Lola erinnern sich: Die Markthalle am Marheinekeplatz wurde 2010 umgebaut, ein neues Konzept kam. Das hat zu Beginn vielen Menschen im Kiez nicht gut gefallen, es gab Verunsicherung und Missmut. In der alten Markthalle gab es viele Stände mit Trockenfrüchten, Haushaltwaren, auch griechische Spezialitäten und eine Pommesbude.
„Ich bin da regelmäßig Pommes essen gegangen“, erzählt David. „Der Imbiss hat den Obdachlosen täglich Pommes und Bier hingestellt, das hat mir gut gefallen.“ Heute sei die Markthalle anders, sauberer als früher. Es gab Pläne, in den oberen Stockwerken ein Hotel für Touristen einzurichten, aber das hat nicht funktioniert. Die Markthalle lebt vom und für den Kiez. Deshalb haben sich Lola und 13 andere Leute zusammengeschlossen, sie haben jetzt in der oberen Etage selbstorganisierte Coworking-Spaces gegründet, das wird gut angenommen.
Tapas
Ich gehe noch einmal nach vorne und bestelle: Oliven, Brot und Aioli. Hier komme ich mit Peter Klunker vom Weing’schäft Bernhard & Hess ins Gespräch. Er liefert die Weine für die Tapas-Bar, seine Weinhandlung in der Bergmannstraße ist eines der ältesten Weinhäuser Berlins. Er sagt, ihm geht es um große Weine von kleinen Winzern. Es ist ein gewachsenes Vertrauensverhältnis. Die Winzer wissen, was im Produkt ist.
David und ich kosten die grünen Oliven, sie sind mit Sardellenpaste gefüllt. Die Aioli und die scharfe Paste passen perfekt zum Brot. Zum Schluss teilen wir uns Tapas mit Hühnerfleisch- und Thunfisch-Füllung. Alles extrem frisch und lecker. Wir wollen noch nicht aufhören zu genießen, also gibt es Schnaps und Café Bombón. Der Café wird mit einer dicken, süßen Milch serviert, die sich unten absetzt. Mega.
Es ist spät geworden. Wir verabschieden uns vom Team Lola, das jetzt richtig viele Gäste hat. David hatte recht: Die Bar ist der perfekte Platz – man ist mittendrin. Ich trage ein Gefühl von Sommerurlaub und Gastfreundschaft nach Hause.


