Spätestens nach den Hitze- und Dürresommern 2018 und 2022 und der Hochwasserkatastrophe von 2021 ist klar, dass der Klimawandel auch Deutschland stark treffen wird. 2024 war mal wieder das wärmste Jahr in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881. Hitzewellen, Trockenperioden, Starkregenereignisse und Überflutungen werden in Zukunft noch häufiger und stärker werden.
Auch Städte und kleinere Kommunen müssen Maßnahmen dagegen ergreifen – Klimaschutz und Klimaanpassung. Oft läuft es aber noch in die genau verkehrte Richtung: mehr Versiegelung, zunehmende Verdichtung in den Städten, weniger Wasserrückhalt, weniger Grün, schlechteres Mikroklima. Größere Städte sind dabei im Vergleich zum ländlichen Raum stärker belastet – durch höhere Temperaturen, trockenere Luft, weniger Luftzirkulation und mehr Schadstoffe in der Atemluft.
Es ist also unbedingt notwendig, umzusteuern und eine klimagerechte Stadtentwicklung zu starten – die sogenannte blau-grüne oder auch blau-grün-graue Transformation. Blau sind die Wasserflächen, grün die Grünflächen und Wälder, aber auch Gründächer, begrünte Innenhöfe und Baumscheiben. Grau ist die vorhandene Infrastruktur aus Rohren, Kanälen und Straßen.
Ein gelungener Umbau führt zu mehr Wasserversickerung und -rückhalt, mehr Verdunstung und weniger Abfluss. Dann fließt das Wasser nicht einfach weg, sondern hat positive, kühlende Effekte für das Mikroklima. Wenn das Wasser vor Ort durch die Erdschichten versickert, erreicht es das Grundwasser und trägt so langfristig zur besseren Trinkwasserversorgung bei.
Lebenswichtig in der Hitzewelle
Trinkwasser aus der Leitung ist ein wahrer Luxus, den wir in Deutschland haben. Die geltende Trinkwasserverordnung wurde kürzlich komplett überarbeitet und sieht sauberes und sicheres Trinkwasser bundesweit vor. Neben dem Wasserhahn zu Hause gilt das auch für öffentliche Trinkbrunnen. Trinkbrunnen sind ein Beitrag zu Klimaanpassung und Hitzeschutz in Städten und ein Beitrag zu einem besseren Mikroklima und mehr Lebensqualität im öffentlichen Raum. An Hitzetagen und in sogenannten tropischen Nächten, in denen das Thermometer nicht unter 20 Grad fällt, sind Trinkbrunnen Teil der Hitzehilfe und können lebensrettend sein. Für alte Menschen, die bei über 30 Grad Außentemperatur einkaufen gehen, sind sie genauso wichtig wie für Kinder, die im Freien spielen.
Aber auch für wohnungslose Menschen sind Trinkbrunnen wichtig zum Überleben. Außerdem sind Trinkbrunnen gelebter Umweltschutz und reduzieren Plastikmüll und CO₂. Bei Durst muss nicht mehr schnell im Ladengeschäft eine Plastikflasche gekauft werden, deren Inhalt dann vielleicht noch zuckerhaltig ist. Gemessen an den langfristigen Vorteilen für die öffentliche Gesundheit sind die Kosten für einen Trinkbrunnen sehr gering.
Mit Artikel 16 der EU-Trinkwasserrichtlinie von 2020 und der Umsetzung in das deutsche Wasserhaushaltsgesetz 2023 gibt es jetzt eine rechtliche Grundlage und den politischen Auftrag, den „Zugang zu Leitungswasser zu verbessern, überall und für jeden zugänglich anzubieten“. Die Bereitstellung von Leitungswasser durch Trinkwasserbrunnen an öffentlichen Orten gehört nun zur Daseinsvorsorge. Sofern es technisch machbar ist und dem lokalen Bedarf entspricht, sollen Städte und Gemeinden Trinkwasserbrunnen aufstellen. Das hat viele Bürger*innen begeistert und Kommunen angespornt, sich für mehr öffentliche Trinkbrunnen einzusetzen. Eine bundesweite Finanzierung oder Förderung gibt es jedoch nicht.
Großer Bedarf, begrenzte Förderung
Allerdings hat das Bundesumweltministerium die Fußball-Europameisterschaft der Männer im vergangenen Jahr zum Anlass genommen, um bundesweit an 51 stark frequentierten öffentlichen Plätzen kostenlos Trinkwasser zur Verfügung zu stellen – nicht nur während der EM, sondern auf Dauer. Für jedes der 51 EM-Spiele wurde der Bau eines Trinkbrunnens unterstützt. Davon profitieren nun besonders verletzliche Gruppen wie Kinder, ältere Menschen und Wohnungslose.
Städte, Gemeinden und Wasserversorger konnten sich für je einen der 51 Trinkbrunnen bewerben. Jeder neue Standort erhielt vom Umweltministerium 15.000 Euro für Anschaffung, Bau, Wartung und den mindestens fünfjährigen Betrieb eines Trinkbrunnens. Sofern alle Kriterien erfüllt waren, qualifizierten sich die 14 Städte, in denen EM-Spiele stattfanden, automatisch für einen Trinkbrunnen. Die übrigen Brunnen wurden entsprechend der Einwohnerzahl auf die Bundesländer aufgeteilt und verlost. Berlin und Brandenburg haben dadurch je drei neue Trinkbrunnen erhalten.
Insgesamt sind fast 700 Bewerbungen für die 51 Trinkbrunnen eingegangen. Das zeigt den großen Wunsch und Bedarf der Kommunen und Wasserversorger, Trinkwasser im öffentlichen Raum zur Verfügung zu stellen. Alle Gewinner-Standorte haben den Brunnen bis Oktober 2024 errichtet. Bundesweit gibt es damit inzwischen rund 2.000 öffentliche Trinkbrunnen.
Der Autor ist Geschäftsführer des Vereins „a tip: tap“ und hat das beschriebene EM-Trinkbrunnenprojekt geleitet. Das Projekt wurde vom Bundesumweltministerium aufgrund eines Bundestags-Beschlusses gefördert. Weitere Informationen: euro-trinkbrunnen.de