Aus kleinen Samenkörnern kann Gutes heranwachsen – wenn sie in fruchtbaren Boden gelegt werden. Und das ist offenbar in der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) gelungen.
Eine Gruppe Studierender des Land- und Gartenbaus befasst sich konzeptionell und auch praktisch mit „Small Farms“ und „Urban Gardening“ in der märkischen Region. Anfang 2022 erreichte sie ein Aufruf von Heike Walk, dieses Konzept in einem direkten Austausch mit Studierenden in Kuba weiterzuentwickeln. Die Professorin bot dazu ihre bei einem Forschungsaufenthalt an der Universität von Sancti Spíritus (UNISS) geknüpften Verbindungen an.
Motiviert war Heike Walk wegen der ungemein schlechten Versorgungslage in Kuba, verursacht vor allem durch die verschärfte rechtswidrige US-Blockade mit ihren unzähligen Sanktionen und Schikanen – Stichwort Wirtschaftskrieg. Diese Lage wurde durch die Covid-Pandemie, die weltweite Wirtschaftskrise und den Krieg in der Ukraine noch verschlimmert. Damit verbundene Lieferausfälle und Preissteigerungen führten sogar zu Ernährungsengpässen im Land.
Mit Harke, Saatgut und Laptop nach Kuba
Die Idee war, mit einer studentischen Initiative im Rahmen eines akademischen Austausches im nachhaltigen Land- und Gartenbau einen Beitrag zur dauerhaften Besserung der Lage zu leisten.
Der Anklang bei den Studierenden war enorm, und im Lauf der Zeit bildete sich ein 14-köpfiges Aktiventeam aus verschiedenen Fachbereichen sowie einem Gärtner. In Workshops und Online-Treffen wurden Ideen und Konzepte für den Einsatz in Kuba entwickelt. Förderanträge wurden gestellt, und als einige Zusagen verschiedener Geldgeber eingingen, wurde die Reise konkret geplant.
Die Saat ging also schon in Eberswalde auf. Anfang 2023 traten sieben Studierende der HNEE, ein Bodenkundler und ein Gärtner die Reise nach Kuba an. Sie hatten jede Menge Schaufeln, Harken, Scheren, Saatgut und Laptops dabei. Vor Ort an der UNISS untersuchte das kubanisch-deutsche Projektteam intensiv die Ausgangsbedingungen und forschte gemeinsam nach nachhaltigen Auswegen.
Dazu gehörte die Arbeit im Forschungsgarten, einem „Organopónico“. Diese für Kuba typischen Stadtgärten wurden bereits in den 1980er Jahren konzipiert, dann landesweit aufgebaut und seither von Regierung und Behörden unterstützt. Sie spielen heute eine wichtige Rolle bei der Ernährungssicherung.
Agrarökologie in Aktion
Die Projektgruppe experimentierte zum Beispiel mit einer Tröpfchenbewässerung und der Anwendung von Humus und Mulch für die Verbesserung der Böden. Durch die kubanisch-deutsche Kooperation wurden mehrere neue Verfahren entwickelt. Damit ging die Saat aus Eberswalde also auch in Kuba auf und der Name für das Projekt wurde gefunden: „Saatgut der Freundschaft“.
Die Gäste aus Eberswalde waren beeindruckt von der kubanischen Forschung zu landwirtschaftlicher Sensortechnik und von der Exkursion zu einer Permakultur-Farm. Der Arbeitsaufenthalt war für beide Seiten eine enorme Bereicherung, und so kam wenige Monate später eine Delegation der UNISS zu einem Forschungsaufenthalt nach Eberswalde. Da sich die positiven Erfahrungen herumsprachen, stießen weitere Studierende hinzu.
Derzeit lässt sich die Initiative als Verein eintragen. Als Ziel wurde formuliert, „in Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinschaften aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft kleine Landwirtschaftsbetriebe dezentral aufzubauen und bestehende Strukturen zu stärken. Ausgehend von Kuba wollen wir auf der Basis agrarökologischer Prinzipien die Ernährungssouveränität fördern und ein Wissensnetzwerk aufbauen, das den interkulturellen Austausch und klimaresiliente Anbaumethoden fördert.“
Besser gärtnern mit Container
Ein besonders vielversprechendes Projekt wurde in einem kleineren Kreis von Engagierten entwickelt, von denen viele inzwischen berufstätig sind: der Umbau eines großen Standard-Containers zu einem „ConPónico“. Der Name setzt sich zusammen aus „Container“ und „Organopónico“.
Zunächst wird ein Prototyp in Eberswalde entwickelt und erforscht. Dabei soll ein Gemeinschaftsgarten entstehen und ökologische Lebensmittelerzeugung an die lokale Bevölkerung herangetragen werden. Es geht um Lösungen zu Ernährung, Klimaschutz, Biodiversität und zu gesellschaftspolitischen Aspekten – und vor allem um Umweltbildung. Mit dem ConPónico will die Gruppe im Stil eines „Reallabors für Agrarökologie“ gärtnern, forschen, lernen, entwickeln und Begegnung ermöglichen.
Nach dieser Phase soll es mit den umgebauten Seefrachtcontainern nach Kuba gehen, um dort junge Menschen für urbane Landwirtschaft zu motivieren und eine eigenständige Lebensmittelproduktion in Kuba zu unterstützen. Die Container sollen dabei zu modularen Landwirtschafts-Baukästen werden: als Geräte- und Werkzeugkammer, Verkaufs- und Verarbeitungsraum sowie als Kühl- und Lagerraum mit autarker Stromversorgung.
Zurzeit geht es in Eberswalde ganz praktisch los, zum Beispiel mit dem Schleifen und Lackieren des Seecontainers, dem Innenausbau zu Werkstatt, Küche, Kühlraum und Forschungslabor sowie mit dem Bau der Hochbeete und der Anzucht von Gemüse. In Kürze soll eine Crowdfunding-Kampagne starten.