Was kann man jetzt eigentlich noch wählen? So mancher Umweltfreund steht ratlos da und fühlt sich von der Politik verlassen. Die Grünen waren einmal die ganz große Hoffnung für alle, die in der alten Bonner Republik den bürgerlichen Schnee von gestern sahen und sich zu neuen, unbekannten Ufern aufmachen wollten. Inzwischen haben sie ihre Ideale eines nach dem anderen verraten.

Die Grünen sind gerade zum zweiten Mal (Mit-)Regierungspartei. Fast 15 Jahre lang hatten sich ihre Anhänger um diesen Status bemüht. Als nun das Ziel in Form einer Dreierkoalition erreicht war, passierte das, was jede Parteibasis befürchtet: Die Spitze der Partei verliert jede Bodenhaftung, aus einem Wolkenkuckucksheim schaut sie auf das Volk herab, dessen Farbtupfer sich in ihren Augen zu einem diffusen Braun vermengen, der schlimmsten Farbe der Welt. Lange hat es dann auch nicht gedauert, bis das „Ampel“ genannte Regierungskonstrukt von der Wählerschaft abgestraft wurde. Die Ampel ist Geschichte. Und tschüss!

Vielfalt in der Nische

Unser Umweltfreund sucht nun nach einer neuen passenden Partei als politische Heimat. Es gibt sie durchaus noch – kleine nischige Naturparteien, deren Zeit vielleicht gerade erst anbricht. In Deutschland sind es etwa fünfzehn an der Zahl. Darunter ist keine, die es auf Anhieb in ein höheres Parlament schaffen würde, bestenfalls in eine Stadtversammlung.

Die bekannteste unter den Unbekannten ist die über 40 Jahre alte ÖDP, mit rund zwei Prozent Zustimmung vor allem in Bayern beliebt, aber bundesweit vertreten. Familienfreundlich und postmateriell ausgerichtet, setzt sich die „Ökologisch-Demokratische Partei“ für den Erhalt natürlicher Lebensgrundlagen ein. Eine solide Adresse, aber eher konservativ.

Wer’s fetziger mag, ist vielleicht bei der Bergpartei gut aufgehoben. Derzeit interveniert sie publikumswirksam bei Versammlungen von Klimaleugnern mit bunten Dinosaurierkostümen, eine Anspielung auf die in solchen Kreisen als beliebt geltende Echsenmenschentheorie. Die klitzekleine Partei muss ihre Werbetafeln selber malen. Das macht viel Spaß, ist aber für so manche nichts, die lieber Vertrauen zu einer vermeintlich seriösen Partei fassen möchten.

Eine Partei, der fachliche Expertise bei einem konkreten Thema zugeschrieben wird, ist die recht gut bekannte Tierschutzpartei, die als der Inbegriff einer sympathischen, aber aussichtslosen Kleinpartei gilt. Gleichzeitig bescheinigt man ihr eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz, denn ihr Fokus auf Tierschutz wirkt unzweifelhaft. Sie zu wählen, könne nicht falsch sein, sagen viele Umweltbewegte. Innerhalb der Partei scheint es jedoch Vorwürfe einer zu geringen Abgrenzung nach rechts zu geben, was zu einer Abspaltung unter dem Namen Tierschutzallianz führte. Trotz ihrer geringen Mitgliederstärke nimmt diese Splitterpartei bundesweit an Wahlen teil.

Sozial und öko

Manchmal fehlt der Naturpolitik ein bisschen Sozialkompetenz. Nicht so bei ÖkoLinX. Die Partei ist einmal aus der grünen Partei hervorgegangen und weiß, dass sowohl ökologische als auch soziale Probleme durch die kapitalistische Produktionsweise verursacht werden. Ihre streitbare Hauptfigur Jutta Ditfurth betrachtet Ökologie als Teil der sozialen Frage. Von diesem Paradigma ausgehend lässt sich hier wunderbar intellektuell diskutieren.

Zu guter Letzt soll die Klimaliste erwähnt werden, denn sie hat etwas, das die meisten anderen nicht haben: ein konkretes Ziel, das 1,5-Grad-Ziel. In gewisser Hinsicht ist die Klimaliste das Gegenstück zu ÖkoLinX, denn hier wird die Klimakrise als Ursache anderer Probleme wie sozialer Ungerechtigkeit gesehen, nicht umgekehrt. Es sei darauf hingewiesen, dass die Klimakrise erst seit wenigen Jahrzehnten in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Soziale Probleme hingegen existieren bereits seit den Urzeiten der Gesellschaft.

Fest steht: In den letzten Jahren hat die etablierte Politik einen fahrlässigen Egoismus an den Tag gelegt und sich dabei gründlich blamiert. Die anstehenden Wahlen könnten zu einer Erlösung von dieser Politik führen, wenn die Wählerschaft couragiert auf kleine Parteien setzt.