Berlin ist der wohl wichtigste Entstehungsort des Anarchismus in Deutschland. Hier lebte und arbeitete auch der Schriftsteller und freiheitliche Ökosozialist Gustav Landauer (1870-1919) und betrieb die Gründung der ersten Arbeiter-Konsumgenossenschaften, Landsiedlungen und freien Schulen. Nicht zuletzt deshalb setzt sich die „Gustav Landauer Initiative“ schon lange dafür ein, dass ihm die Stadt ein Denkmal setzt (Rabe Ralf Februar 2018, S. 10).

Nun wird es endlich konkret. Eine Fundraising-Kampagne für den künstlerischen Entwurfswettbewerb hat begonnen. Ende April gab es im nördlichen Kreuzberg, wo Landauer hauptsächlich wirkte, eine feierliche Auftaktveranstaltung.

Demokratie ist mehr als Abstimmen

Bis zu den Knien im Gras stehend, las der Schauspieler Helmut Mooshammer aus Landauers „Aufruf zum Sozialismus“ vor – aus einem sehr seltenen, wertvollen Vorzugsexemplar der Erstausgabe, das 1911 ganz in der Nähe gedruckt worden war. Dies geschah am Standort des geplanten Denkmals vor der Nürtingen-Grundschule an der Ecke Mariannenplatz/Wrangelstraße. Jan Rolletschek von der Landauer-Initiative hatte die Anwesenden ermuntert, über die kleine Mauer zu steigen und die Fläche zu betreten.

Schulleiter Markus Schega hatte nichts einzuwenden, im Gegenteil. In seinem Grußwort berief er sich direkt auf Landauer und sagte: „Demokratie ist mehr als Leute, die über irgendwas abstimmen.“ Dass man Demokratie immer weiterdenken muss, sei auch für die Schüler wichtig, so Schega. Der engagierte Schulleiter schloss mit der Hoffnung: „Vielleicht heißt unsere Schule in zehn Jahren Gustav-Landauer-Grundschule“. Doch zuerst muss das Denkmal stehen.

Crowdfunding gestartet

Wichtige Etappenziele sind bereits erreicht: Die politischen Beschlüsse im Bezirk sind gefasst und der Standort gefunden. Mit einem Crowdfunding will die Initiative nun den künstlerischen Wettbewerb finanzieren. Die meisten Kosten fallen dabei für die Entwurfsgelder der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler an. Als Schirmherr konnte der Musiker Konstantin Wecker gewonnen werden, der selbst ein glühender Landauer-Verehrer ist.

Das Projekt kann aber nur gelingen, wenn viel mehr Menschen in Berlin und anderswo sich an einen bedeutenden Kämpfer für Freiheit, Solidarität und Toleranz erinnern wollen.