Sie haben es längst bemerkt: Diese Raben-Ausgabe sieht anders aus. Wir finden: besser. Das haben wir vor allem Anna Busdiecker und Sabine Meyer zu verdanken, die bei unserem Relaunch-Projekt für „des Raben neue Federn“ verantwortlich waren. Wir haben sie zu ihrer Arbeit, ihrem Hintergrund und ihren Inspirationen befragt.

Der Rabe Ralf: Anna, Sabine, erzählt bitte etwas über euch. Wer seid ihr, was macht ihr, woher kennt ihr euch?

Sabine Meyer: Wir haben 2024 mit zwei weiteren Gestalterinnen das Flinta-Designkollektiv „Kollektiv für Gestaltung“ in Berlin gegründet.

Anna Busdiecker: Als selbstständige Designerin arbeite ich im kulturellen Bereich für kleinere NGOs und studiere Kunsttherapie. Sabine habe ich 2018 in einem Gemeinschaftsgartenprojekt kennengelernt.

S: Ich glaube, wir kannten uns schon früher, oder? Wir wurden auf einer Demo in Kreuzberg miteinander bekannt gemacht. Anna war damals am Gorki-Theater angestellt und ich am Deutschen Theater Berlin.

A: Als Grafikerinnen sind wir seit über 20 Jahren in unterschiedlichen Kontexten in Berlin tätig.

S: Ich habe vor der Anstellung als Grafikerin am Theater einige Jahre an einer Grafik-Design-Schule in Mecklenburg-Vorpommern Design unterrichtet.

Kanntet ihr den Raben schon vorher?

S: Ich lese den Raben Ralf wegen der interessanten und gut recherchierten Inhalte. Wo man gerade hinschaut: Qualitativ überzeugende, unabhängige Redaktionen kämpfen aufgrund der Digitalisierung ums Überleben. Ich informiere mich auch gern digital, aber das Lesen auf gedrucktem Papier hat eine ganz andere Qualität.

Als Leserin frage ich mich außerdem: Wer bekommt eine Stimme und wie vertrauenswürdig ist die Berichterstattung? Wie gut werden Fakten recherchiert? Journalist:innen, die in Zeiten von Musk, Zuckerberg und Döpfner gut recherchierten Journalismus produzieren, müssen wir in unserem eigenen Interesse unterstützen und schützen.

Das neue Erscheinungsbild orientiert sich stark an den Anfangsjahren des Raben. Ist eure Gestaltung ein „Zurück zu den Wurzeln“?

S: Zum Projektstart gab es einen runden Tisch mit allen Beteiligten. Bei diesem Gespräch wurde schnell deutlich: Die Grafik macht mit dem neuen Design den ersten Aufschlag und legt damit die grundsätzliche Stoßrichtung fest.

A: Wir haben zu Projektbeginn viele Eindrücke gesammelt. Wir haben Fragen gestellt, uns gemeinsam mit dem Redaktionsteam über Wünsche, Möglichkeiten und Notwendigkeiten ausgetauscht und Material gesichtet. Das Raben-Archiv, das es schon seit 35 Jahren gibt, war eine wichtige Ressource. Ein Archiv zu pflegen ist nicht selbstverständlich, gerade wenn man prekär arbeitet. Man kann und sollte es für das eigene Selbstverständnis, die eigene Feedback-Kultur nutzen. Dabei kann es hilfreich sein, einen „Blick von außen“ zu bekommen.

Das Archivmaterial war für uns als Designerinnen wertvoll, um ein umfassenderes Bild von den vielen Aktivitäten des Raben zu bekommen. Natürlich kann man hier noch weiterdenken: Dieses Archivmaterial kann beispielsweise für kommende Generationen von Zeitungsmacher:innen eine gute erste Hilfestellung bieten.

Vermutlich ist der Rabe Ralf mit seiner re-designten, gedruckten Zeitung gerade maximal antizyklisch unterwegs. Und ich hoffe: Genau diese vorausschauende Haltung inspiriert und aktiviert viele weitere Menschen!

S: „Zurück zu den Wurzeln“, wie du es nennst, finde ich ein richtig gutes Motto, über das Anna und ich während des Designprozesses viel nachgedacht und diskutiert haben. Ich empfinde es als sehr verbindend zu wissen, sich in einem Kontext zu bewegen, in dem sich viele kluge Köpfe Gedanken gemacht und in eine visuelle Form gebracht haben. Re-use als Gestaltungskonzept, genau hinschauen: Was ist da? Was ist gut? Wie kann ich das, was da ist, an die gegebene Situation anpassen? Und was muss neu gedacht werden? Diese Haltung macht ja nicht nur bei klassischen Gestaltungsfragen Sinn.

Wir waren sofort schockverliebt in die Raben-Erstausgaben. Ich hatte dann spontan den Impuls, mit diesem Design weiterzuarbeiten. Anna mochte den umgedrehten Vogel im Titel auf Anhieb, also beschlossen wir, dies typografisch weiterzuentwickeln, aber die holzschnittartige Ästhetik der Rabenillustration und die humorvolle Drehung der Figur beizubehalten.

A: Zwischen Designerin und Kunde bedeutet so eine Arbeitsweise viel Dialogbereitschaft, gegenseitiges Zuhörenkönnen und ein Vertrauen darauf, dass wir als Gestalterinnen unser Handwerk gut beherrschen. Wir haben für den Raben zwei unterschiedliche Gestaltungslinien entwickelt. Unser Favorit war die jetzt gewählte Linie „Back to the Roots“. Da ist die gesamte Rabenredaktion – nach ausführlichen Diskussionsrunden – mitgegangen.

Zeitgleich mit der ersten gedruckten Ausgabe im neuen Layout geht unsere eigene Website raberalf.de online. Sie wurde von Kristin Rabaschus und Jules Weigel von Karo3 gestaltet. Welche Schnittpunkte gibt es hier?

A: Webdesign funktioniert nach anderen Kriterien als ein Zeitungslayout. Wir haben ein sogenanntes Designmanual erstellt, darüber haben wir uns dann intensiv per Videoschalte ausgetauscht. Dann haben Jules und Kristin ihren Entwurf gemacht. Dass das Webdesign so gut zum Printdesign passt, obwohl es nicht aus einer Hand kommt, freut uns wirklich sehr!

Als Immer-kurz-vor-der-Pleite-Zeitung konnten wir euch für eure wunderbare Arbeit nicht so entlohnen, wie wir es gerne getan hätten – trotz der großzügigen Förderung der Stiftung Naturschutz Berlin. Wie sieht es sonst bei euch aus? Grafik-Prekariat oder Atelier im Grunewald?

S: Wir sind auf der einen Seite voller Schwung und Optimismus, weil man als Kollektiv eine Steigerung der eigenen Handlungsmacht erfährt, wenn man sich mit Gleichgesinnten zusammenschließt. Gleichzeitig sind wir durch die aktuellen gesamtgesellschaftlichen und die stadtpolitischen Ereignisse in Berlin besorgt. Die Berliner Kultur- und Kreativwirtschaft ist mit einem geschätzten Umsatz von neun Milliarden Euro jährlich einer der wichtigsten Sektoren der Stadt. Das findet sich allerdings nicht in der Einkommenssituation vieler dort arbeitender Menschen wieder.

Die Sparpolitik, wie wir sie seit Ende letzten Jahres in Berlin erleben, zerstört gewachsene Strukturen und Netzwerke. Was unsere Branche jetzt braucht, sind starke, solidarische, über die Design-Szene hinaus agierende Bündnisse, wie sie beispielsweise mit „Unkürzbar" und „Ein Berlin für alle“ entstehen.

Wo kann man euch finden, wenn man auch so ein tolles neues Federkleid haben will wie unser Rabe?

A: Online auf kollektiv-gestaltung.de

Vielen Dank.