Seit Langem schon geht es den Straßen- und Parkbäumen in Berlin schlecht. Hitze, Trockenheit und fehlender Regen setzen ihnen zu. Die Festigkeit des Holzes leidet und damit die Baumstabilität. Das haben die Stürme in diesem Sommer deutlich gezeigt. Stämme und Äste brechen leichter, Gefahren für Leib und Leben entstehen und die Feuerwehr hat viel zu tun.
Ganz zu schweigen davon, dass durch kaputt gegangene Bäume ein zentraler Baustein des Ökosystems beschädigt wird. Bäume sorgen täglich für die Speicherung von Kohlendioxid, produzieren viel Sauerstoff, sind wirksame Staubfilter, spenden Schatten, Kühle und sorgen für Erholung – und sind Lebensraum und Nahrungsquelle für viele nützliche Insekten.
Immer wieder kamen von Umwelt- und Naturschutzseite in den letzten Jahren gute Vorschläge für mehr Stadtgrün und bessere Pflege der Bäume. Doch die Verantwortlichen hat das wenig bis gar nicht interessiert.
Sollen sie doch selber gießen
Die Schäden sind Ergebnis einer verantwortungslosen Stadtpolitik, die seit Jahr und Tag auf Spardiktate setzt und Verwaltungen ausblutet (während politisch Verantwortlichen kein Sterbenswörtchen zu entlocken ist, wenn es um eine Unsummen verschlingende, hemmungslose Aufrüstung und drohende Kriegsgefahren geht). Dabei hätte man sich schon seit Jahren ein Beispiel an Madrid oder Lissabon nehmen können, wo mit kleinen Tankwagen die Bäume regelmäßig bewässert werden. Kaum der Rede wert ist die Pflege weniger Bäume durch private Gartenbaubetriebe.
Die vielen drolligen Vorschläge – aus der Stadtgesellschaft über Bezirke bis zur Senatsverwaltung –, dass AnwohnerInnen doch mit kleinen Gießkannen mithelfen sollten beim Wässern, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein, medizinisch gesprochen ein wirkungsloses Placebo. Zudem sollte bei solchen Ideen immer im Auge behalten werden, dass die Verantwortung der Verwaltungen nicht einfach auf die Bevölkerung abgeschoben und der Senat für seine Politik, die Mensch und Umwelt weithin durch den Rost fallen lässt, auch noch aus der Schusslinie genommen wird. „Schwamm drüber“ statt „Schwammstadt“ ist offenbar das Motto für diese Art von Politik.
Spardiktat stellt falsche Weichen
In den vom Senat veröffentlichten Anforderungen für künftige Straßenbäume wird Klartext geredet. Hier wird deutlich, weshalb bislang praktisch nichts für die Pflege der Bäume getan wurde und künftig möglichst wenig getan werden soll. So liest man, in Berlin solle „keine ‚Natur am Tropf‘, sondern Resilienz gefördert werden. Es gilt das Prinzip ‚Abhärten statt Verwöhnen‘, wodurch sowohl der Pflegeaufwand als auch die Kosten dafür langfristig gesenkt werden.“ Das ist die Sprache preußischer Zucht und Ordnung. Und so sehen viele nachgepflanzte Bäumchen auch aus: in Reih und Glied, klein, drahtig, kleinblättrig, wetterhart.
Was wir aber in den Städten wirklich brauchen, sind kräftige, großblättrige, schattenspendende und tief wurzelnde und zugleich trockenheitsresiliente Bäume. Da sind zum Beispiel Spitz- und Bergahorn eine gute Wahl.
Bäume gießen, aber richtig
Zurück zu den leidgeprüften Bäumen im Stadtgebiet und was sie an Wasser brauchen. Notwendig ist eine regelmäßige und ausreichende Wasserversorgung. Und Bäume brauchen nicht wenig, wenn es dauerhaft heiß und trocken ist. Vor allem von Mai bis September. Hier ist beispielsweise an Zeiträume zu denken, in denen die Tageshöchsttemperaturen über längere Zeit um die 30 Grad liegen.
Zum einen ist dabei auf Jungbäume in der Zeit der Anwuchspflege und auf heranwachsende Bäume jüngeren Alters zu achten. Sie brauchen wöchentlich einmal etwa 100 bis 300 Liter Wasser, vereinfacht im Mittel 150 Liter. Vor allem dort, wo die Wurzeln noch nicht genug Verbindung zum Grundwasser haben. Zudem sollte auch der oft zu harte Boden um die Bäume herum gelockert werden, damit das Wasser auch wirklich tiefere Boden- und damit Wurzelschichten erreicht.
Zum anderen sollte sich die Bewässerung auf Straßenbäume konzentrieren, die in besonderem Maße durch lange Trockenzeiten gefährdet und von Schädigung bedroht sind. Solche Altbäume brauchen etwa 300 bis 500 Liter Wasser pro Woche. Gefährdete Standorte sind beispielsweise Stadtgebiete, in denen Baumwurzeln bei langanhaltender Trockenheit nicht genügend mit Wasser versorgt werden, wie in höheren, hügeligen Ortslagen oder solchen mit abgesenktem Grundwasserspiegel. Dazu haben Wasserwirtschafts-, Gartenbau- und Forstverwaltung genügend Kenntnisse.
Vorbereiten auf die Heißzeit
Auch die Grünanlagen, die „grünen Lungen“ unserer Stadt, müssen funktionstüchtig bleiben und gepflegt werden. Ihr Schutz liegt im öffentlichen Interesse und dient Gesundheit und Wohlbefinden der gesamten Stadtbevölkerung. Die Bewässerung sollte sich vorrangig auf den Erhalt und die Pflege des Baumbestandes konzentrieren. Nützlich sind dabei vorhandene Beregnungsanlagen. Wo sie nicht funktionieren, sind sie instand zu setzen. Falls erforderlich, sind sie auszubauen. Und wo es sie noch nicht gibt, ist ein Neubau in Angriff zu nehmen.
Bäume pflanzen, pflegen und erhalten, das gibt es nicht umsonst. Dafür muss der Politik Dampf gemacht und Geld in die Hand genommen werden – für eine Tankwagenflotte und für ausreichend Personal. Das ist gut angelegtes Geld und Daseinsvorsorge im besten Sinne, damit die Berliner und Berlinerinnen mit der kommenden Heißzeit halbwegs zurechtkommen. Ansonsten bleibt die viel beschworene „Schwammstadt“ (Rabe Ralf Juni 2022, S. 1) schon an diesem Punkt auf der Strecke.
Der Autor ist Biologe und Mitglied der Naturfreunde Berlin.